Sinnliches Erleben – auch bei der Nahrungszubereitung und -aufnahme begleitet die Mission eines Klostergärtners in diesem bereits 1987 erschienenen Schelmenroman. Vom Abt in die Toscana geschickt, um die erfrorenen Olivenbäume des Klostergartens durch neue zu ersetzen, mogelt er ein paar Krüglein besten Olivenöls in sein Gepäck, die sich unterwegs raffiniert für seine Bedürfnisse einsetzen lassen. Aber zunächst zeigt Bartolo im Kloster seine kreative Art, zu einer befriedigenden Mahlzeit zu kommen.
Lesedauer etwa dreieinhalb Minuten
Fra Bartolo schritt mißmutig, mit der kleinen Baumsäge Blüten köpfend, durch die Reihen der toten Ölbäume und trat durch die kleine Pforte in der Mauer in sein Reich, ins Gerätehaus. Schere und Säge hängte er ordentlich an ihre Haken und strebte dann eilig über den Hof ins Küchenhaus.
Drinnen stocherte und kratzte die Küchenmagd in der Glut und hielt das hübsche Gesicht tief gebeugt. Fra Bartolo rief: „Die Olivenbäume treiben nicht aus, ich selber werde Prügel kriegen, und was finde ich hier? Eine heulende Caterina!“
Das Mädchen richtete sich auf, ihre Wangen waren tränennaß und sie schluchzte: „O Bartolo, denke nur, Tomaso wird fortgeschickt von seinem Vater, damit er den Handel lernt, fort nach Barletta!“
„Dann ist er endlich aus der Welt“, brummte Bartolo, „du solltest froh sein. Gekriegt hättest du ihn nie, du bist arm, er ist reich.“
Caterina zog die Nase schnaufend hoch und schluckte ihre Tränen: „Ich muß ihn noch einmal sehen, heute nacht, aber wie komme ich heraus aus dem Kloster?“
Fra Bartolo ließ seinen Blick über die Töpfe auf dem Herd wandern. „Die Welt ist unvollkommen“, sagte er. „Du hast Liebeskummer, ich habe Hunger.“ Und er zog den großen Schlüssel zum Gerätehaus aus seinem Kuttenärmel und betrachtete ihn. „Fast kann ich deine Not verstehen“, sagte er.
Caterina goß seufzend Olivenöl in eine Pfanne und tat aus einem Topf fertiggekochte, kurzgebrochene Makkaroni hinein, eine gute Portion.
„Santa Opportuna“, sagte Fra Bartolo, „machte es besser als du: sie hielt sich alle Freier vom Leibe; aber sie lebte von Wasser und trockenem Brot.“ Er blickte durch den Rautengriff des Schlüssels auf den anderen Topf am Herdrand.
Caterina hob mit dem Schaumlöffel aus diesem Topf angekochte grüne Bohnen und mischte sie zu den Makkaroni. Sie stellte eine zweite Pfanne auf und briet darin eine kleingeschnittene Zwiebel und zwei Knoblauchzehen.
Doch Fra Bartolos Blick heftete sich an einen Schinken, der von der Decke hing, während er sich mit dem Schlüssel unter der Kutte den Rücken kratzte.
Mit entschlossenem Griff riß Caterina den Schinken vom Haken, schnitt eine gute Scheibe ab und würfelte sie. Aber Fra Bartolo hob den Blick zum Himmel, wobei er eine Salami fixierte, die gleichfalls an der Decke hing und sagte: „Vor meinem Auge stehen meine Sünden, und jetzt soll ich auch noch dir zur Sünde verhelfen.“
Und aufschluchzend nahm Caterina die Salami, schnitt auch von ihr eine dicke Scheibe in Würfelchen und schob alles mit dem Messer vom Brett in die Pfanne zu der brutzelnden Zwiebel und dem Knoblauch. Da setzte sich Fra Bartolo und legte den Schlüssel vor sich auf den Tisch.
Das flinke Messer der Magd zerteilte vier Tomaten in Stücke, hackte reichlich Petersilie und Basilikum und gab das alles in die Pfanne, wo die Schinken- und Salamistückchen brieten. Über der Pfanne mit den Makkaroni und Böhnchen drückte sie eine halbe Zitrone aus.
„Das ist vorbildlich“, sagte Fra Bartolo und ließ seinen Blick über die Rückseite Caterinas gehen; Wohlgefallen regte sich in ihm.
Als wittere sie Fra Bartolos Gedanken, sagte Caterina, indem sie den Inhalt der beiden Pfannen in einer Schüssel vereinte: „Dem Tomaso werde ich treu sein bis in den Tod.“
„Eine lange Zeit, wenn man siebzehn ist“, knurrte Bartolo und kostete. Mit wohligem Grunzen streckte er beide Arme und schob dabei den Schlüssel bis an den Rand des Tisches, so daß er nun beim Essen unmöglich bemerken konnte, wie Caterina ihn an sich nahm und ihn am Zugband ihres Untergewandes festknotete.
Dass Kreativität jungen Menschen in Turnschuhen vorbehalten sei, ist ein großer Irrtum. Dieser Irrtum nennt sich „art bias“ und hält sich hartnäckig: Nur wenn die Musen im Spiel seien, entstehe Neues.
Bullshit.
Kreativität ist eine Lebenshaltung, die sich überall anwenden lässt – auch beim Hemden Bügeln und Tonreihen Repetieren, siehe dazu die unzähligen „Life hack“-Videos auf Youtube. Von der Kreativität beim Schreiben von Sitzungsprotokollen und Aktennotizen ganz zu schweigen – einer notorisch unterschätzten Tätigkeit, die den erfolgreichen Umgang mit einem Projekt massiv befördern kann. Befrag mal die erfahrenste Kontakterin, du wirst staunen.